«Der Technology Outlook ist ein Reiseführer durch die Technologielandschaft von morgen», sagt Claudia Schärer, Projektleiterin der Zukunftsstudie bei der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW. In den Räumlichkeiten von Givaudan, dem weltgrössten Aromen- und Duftstoffhersteller, in Kemptthal präsentierte sie vor ausgewählten Gästen aus Forschung, Wirtschaft und Politik die neue Ausgabe des Technology Outlooks. Die unabhängige Studie entstand im Auftrag des Bundes, basiert auf zwei Jahren Arbeit und den Einschätzungen von 158 Fachleuten aus 62 Institutionen. Der Technology Outlook 2025 beleuchtet, wie der Name schon sagt, Technologien, die in den nächsten drei bis fünf Jahren relevant werden.
Die Studie zeichnet eine markante Verschiebung nach: Während 2023 35 Prozent/mehr als ein Drittel der untersuchten Technologien aus dem Feld der Informations- und Kommunikationstechnologie stammten, sind es heute nur noch 16 Prozent. Demgegenüber haben Energie, Umwelt- und Materialtechnologien ihren Anteil von 35 auf 58 Prozent nahezu verdoppelt Während digitale Technologien wie Künstliche Intelligenz längst marktreif sind, wird das Thema Nachhaltigkeit die kommenden Jahre prägen. Sie wird zum entscheidenden Wirtschaftsfaktor.
Besonders eindrücklich war der Auftritt von ETH-Professor Raffaele Mezzenga. Er zeigte, wie Abfälle in wertvolle Rohstoffe verwandelt werden – etwa, wenn mit Molke, einem Nebenprodukt der Käseproduktion, hochreines Gold aus Elektroschrott gewonnen wird. Möglich machen es aus Molke hergestellte «magische Schwämme», die Metalle filtern und binden.
Kohlendioxid ist das Klimaproblem Nummer eins. Schweizer Unternehmen nutzen es, um daraus Kunststoffe oder synthetische Treibstoffe herzustellen, Ziel ist eine CO₂-Ökonomie, in der Emissionen wiederverwendet werden, statt in die Atmosphäre zu gelangen.
Auch regulatorische Vorgaben treiben Innovation an: Peter Krummenacher vom Startup BloqSens präsentierte den digitalen Batteriepass. Ab 2027 in der EU Pflicht, dokumentiert er Herkunft, Nutzung und Recycling einer Batterie. «Viele Schweizer Unternehmen sind darauf noch nicht vorbereitet», warnte Krummenacher. Transparenz wird zum Wettbewerbsvorteil.
Kai Udert von der Eawag brachte das Publikum mit einer provokanten These zum Nachdenken: «Kreislaufwirtschaft beginnt in der Toilette.» Phosphor ist ein kritischer Rohstoff, den die Schweiz jährlich für Millionenbeträge importiert – dabei steckt er in Kläranlagen im Überfluss.
Ganz aus dem Blick geraten ist die digitale Welt nicht. Photonisch integrierte Schaltkreise, kurz PICs, könnten den Stromverbrauch von KI-Systemen um bis zu 90 Prozent senken. Elektronen werden dabei durch Photonen ersetzt – schneller und effizienter, wie das EPFL-Spin-off Ligentec zeigt. Angesichts des Energiehungers heutiger Rechenzentren wäre das ein entscheidender Schritt.
Der Technology Outlook 2025 weist aber auch auf den Geschäftsalltag in Schweizer Unternehmen hin. Bei der Anwendung von KI besteht eine grosse Kluft: Nur acht Prozent der Schweizer KMU nutzen bisher KI-Anwendungen. Bei Grossunternehmen sind es rund 30 Prozent. Das könnte sich zu einem Wettbewerbsnachteil entwickeln, bei dem KMUs, die das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft bilden, ins Hintertreffen geraten könnten.
«Abfall ist ein Wohlstandsproblem», sagt Claudia Schärer. Mit 60 Tonnen Siedlungsabfall pro Kopf belegt die Schweiz einen Spitzenplatz. «Die Wegwerfwirtschaft war bequem, gerät aber in Konflikt mit endlichen Ressourcen und verschärft dadurch Klimawandel. Wer Kreisläufe schliesst, gewinnt einen klaren Vorteil», sagt auch Peter Krummenacher.
Die Schweiz positioniert sich als Standort für Nachhaltigkeitstechnologien. Wie Mezzenga formulierte: «Wir müssen Abfall nicht als Problem, sondern als Chance begreifen. Reststoffe können zur Grundlage von Technologien werden, die unsere Zukunft sichern.»
Die präsentierten Technologien sind faszinierend, bewegen sich aber noch im kleinen Rahmen. Die Goldnuggets aus Molke sind nur wenige Millimeter gross. Die Herausforderung besteht darin, diese Ansätze aus dem Labor in marktfähige Geschäftsmodelle zu überführen – sei es über Spin-offs oder Startups – und die passenden Investoren zu finden, die daraus tragfähige Industrien entwickeln.
Der Technology Outlook identifiziert Schlüsseltechnologien für die Schweiz – als Basis für informierte Entscheidungen in Wirtschaft, Politik und Forschung.
Hier geht es zum vollständigen Technology Outlook 2025