Expert:innen: Andrea Battisti, Urs Burckhardt, Steffen Kelch, Martin Zäch (Sika Technology AG)
Wärmeleitende elektrische Isolatoren sind Materialien, die über eine hohe Wärmeleitfähigkeit verfügen, ohne dass sie elektrischen Strom leiten. Diese Materialien kommen insbesondere in der Elektronikindustrie zum Einsatz und stellen eine Schlüsselkomponente für die Wende hin zur E-Mobilität dar. Für die Schweizer Automobilzulieferer sind sie deshalb, auch wenn das Marktvolumen eher klein ist, von hoher Bedeutung.
Bild: Sika Technology AG
Wärmeleitende elektrische Isolatoren, engl.: Thermal Interface Materials oder kurz TIMs, sind Materialien, die über eine hohe Wärmeleitfähigkeit verfügen und zugleich elektrisch isolierend wirken. Solche Materialien herzustellen ist deshalb anspruchsvoll, weil die beiden Eigenschaften – thermische und elektrische Leitfähigkeit – bei natürlich vorkommenden Materialien meist zusammenfallen. In der Regel sind gute elektrische Leiter auch gute thermische Leiter – und umgekehrt. Wärmeleitende elektrische Isolatoren sind also Materialien, in denen die thermische und elektrische Leitfähigkeit voneinander entkoppelt sind. Dies wird erreicht, indem ein sehr begrenzt elektrisch leitfähiges Trägermaterial mit festen Partikeln kombiniert wird, die die Wärme ableiten. Solche Materialien gibt es in Form von Matten, Klebebändern, Vergussharzen, aber auch als Kleb- und Dichtstoffe.
Wärmeleitende elektrische Isolatoren kommen sowohl in der Automobil-, Elektro- und Elektronikindustrie als auch in der Medizinaltechnik zum Einsatz. Das grösste Marktfeld liegt aktuell beim Bau von Elektronikgeräten und Batteriemodulen.
Ein grosser und schnell wachsender Markt ist die E-Mobilität, die eine grosse Zahl an Batterien mit hoher Leistungsfähigkeit erfordert. TIMs werden beim Bau von Elektrofahrzeugen insbesondere bei der Schnittstelle zwischen Batterie und Kühlsystem eingesetzt. Energiespeichersysteme in privaten und öffentlichen Gebäuden stellen ebenfalls einen rasch wachsenden Sektor dar. Die Bedeutung der TIMs bei der Speicherung von elektrischer Energie wird mit dem stetig wachsenden Anteil an erneuerbaren Energien bei der Energieerzeugung noch weiter zunehmen.
Wärmeleitende elektrische Isolatoren spielen eine wichtige Rolle beim Wärmemanagement von elektrischen Systemen. Sie sorgen dafür, dass sich Bauteile bei der Übertragung von elektrischem Strom nicht übermässig erhitzen. Beim Design von Batterien geht der Trend in Richtung einer höheren Integration mit insgesamt weniger Bauteilen. Zudem werden die Bauteile immer häufiger verklebt. Dadurch bekommen TIMs eine Schlüsselrolle bei der Prozessvereinfachung und der Kostenreduktion in der Batterieherstellung.
Die Schweiz ist ein attraktiver Standort der Automobilzulieferindustrie. Insofern stellen Materialien für die Herstellung von Batteriemodulen ein schnell wachsendes Marktsegment dar. Deshalb sind TIMs für die hiesige Industrie von grosser Bedeutung. Daraus ergeben sich Chancen für den Forschungsstandort. Diese bestehen in neuen Batteriedesigns und Zelltechnologien sowie in der Erforschung der Grundlagen von thermisch leitfähigen Materialien. Gesellschaftlich bieten TIMs eine Chance, die Elektrifizierung des Individualverkehrs und die Speicherung von elektrischer Energie zu unterstützen und somit zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele beizutragen.
Die Herausforderungen in der Entwicklung neuer und in der Verbesserung bestehender TIMs bestehen zum einen darin, ihre Eigenschaften so zu verändern, dass sie sich einfacher maschinell verarbeiten und injizieren lassen. Die Forschung arbeitet zudem auch an schnelleren Aushärtezeiten dieser Materialien, um die Zykluszeit der Produktion zu verringern. Zum anderen wird an Materialien geforscht, die eine hohe thermische Leitfähigkeit besitzen und eine hohe Elastizität aufweisen, also dehnbar bleiben und somit Unterschiede in der thermischen Ausdehnung von Bauteilen ausgleichen können. Dies ist insbesondere für Klebstoffe von Bedeutung, die bei Lithium-Eisenphosphat-Batteriezellen (LFP-Batteriezellen) zum Einsatz kommen.
Am Ende der Nutzungsdauer müssen Batterien zur Wiederverwendung oder zum Recycling in ihre Einzelteile zerlegt werden (siehe Showcases Lebenszyklus von Batterien). Dies stellt auch für TIMs eine Herausforderung dar. Obwohl die Aufbereitung noch nicht im Hauptfokus ist, sollten in den nächsten Jahren Grundlagen entwickelt werden, die eine vollständige Zirkularität von Batterien ermöglichen. Die bei den EU-Verordnungen laufende Diskussion zur Implementierung von Aspekten der Kreislaufwirtschaft (Right-to-Repair-Verordnung), zeigt, dass rezyklierbare TIMs in den kommenden Jahren wahrscheinlich an Bedeutung gewinnen werden (siehe Beitrag Nachhaltige Kleb- und Dichtstoffe).
Aktuell gibt es keine regulatorischen oder gesellschaftlichen Hemmnisse in Bezug auf die Entwicklung von thermisch leitfähigen, isolierenden Materialien. Allerdings gibt es regulatorischen Gegenwind für die Batterieindustrie insgesamt. Dazu zählt mitunter die drohende Einstufung von Lithium als Gefahrstoff. Eine solche könnte Investitionen im Einflussbereich der Europäischen Union behindern oder verzögern.
Derzeit befindet sich die Schweiz in Bezug auf TIMs unter den Top-10-Ländern weltweit (nebst USA, Deutschland, China und Japan). Um zu gewährleisten, dass dies so bleibt, braucht es eine vermehrte Förderung der Materialforschung im Kontext der erneuerbaren Energien. Die Förderung muss allerdings sicherstellen, dass die Forschung international eingebunden ist. Nur so lässt sich eine wettbewerbsfähige Energieforschung gewährleisten.