Expert:innen: Martin Zäch (Sika Technology AG)
TIMs sind wärmeleitende elektrische Isolatoren, sprich Materialien, die gleichzeitig Wärme ableiten und elektrisch isolierend wirken. In der Leistungselektronik leiten sie die in elektronischen Bauteilen entstehende Wärme ab und gewährleisten damit eine optimale Betriebstemperatur des Bauteils. Diese Materialien kommen insbesondere in der Automobilindustrie und in der Elektronik zum Einsatz und stellen eine Schlüsselkomponente für die Wende hin zur E-Mobilität dar. Auch wenn das Marktvolumen eher klein ist, sind sie für die Schweizer Automobilzulieferer von hoher Bedeutung.
Bild: Sika Technology AG
*Aktualisierte Version des Beitrags von 2023.
TIMs (engl. Thermal Interface Materials) leiten Wärme ab und sind gleichzeitig elektrisch isolierend. Sie bestehen aus einer isolierenden Polymermatrix als Trägermaterial, das mit festen wärmeleitenden Partikeln durchsetzt ist, zum Beispiel Metalloxide oder Metallhydroxide. TIMs können als Klebstoffe, Dichtungen und Schaumstoffe zum Einsatz kommen, aber auch als Klebebänder, Folien, Kunstharze und Matten. Angestrebt werden elektrisch isolierende Funktionsmaterialien mit einer thermischen Leitfähigkeit, die diejenige von herkömmlichen Kunststoffen um das 15- bis 30-fache übertrifft.
Wärmeleitende elektrische Isolatoren werden in Batterien, elektronischen Steuerungen und Getrieben in der Automobil-, Elektro- und Elektronikindustrie sowie in der Medizinaltechnik verwendet. Sie leiten die von den elektronischen Bauteilen erzeugte Wärme in ein Kühlelement ab, isolieren in einem Aggregat die nebeneinanderliegenden Komponenten und füllen als Gap Filler leistungsmindernde Lufteinschlüsse aus. So sind TIMs zentral für das Wärmemanagement und verhindern zugleich elektrische Fehlfunktionen wie Kurzschlüsse.
Ein wachsendes Marktsegment für TIMs ist die E-Mobilität mit ihrem grossen Bedarf an Batterien. Ein anderer Zukunftsmarkt sind Speicherbatterien zum Beispiel im Gebäudebereich. Durch ihr Wärmemanagement haben die Materialien einen direkten Einfluss auf die Leistung und die Lebensdauer der Batterien, aber auch auf die Ladezeit. Zudem schützen TIMs vor Überhitzung und haben dadurch einen nicht zu vernachlässigenden Sicherheitsaspekt.
Neuartige TIMs ermöglichen leichtere und effizientere Batterien. Das können wärmeleitende Klebstoffe, TIMs auf Folienbasis oder eigenständige Dichtungen aus Gummimischungen sein. Sie sind leicht und flexibel. Ihre Zusammensetzung kann an spezifische Anforderungen und Umgebungen angepasst werden, was auch die Integration zusätzlicher Materialeigenschaften wie die Abschirmung gegen elektromagnetische Interferenzen ermöglicht. Als Bestandteil von Batteriespeichern beschleunigen sie die Energiewende von fossilen zu erneuerbaren Energieträgern, die ohne ausgebaute Speicherkapazitäten nicht möglich ist. TIMs tragen somit wesentlich zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele bei.
Der Konkurrenz- und Kostendruck im Automobilbau zwingt die Hersteller zur Entwicklung von immer leistungsfähigeren und kleineren Batterien. Dies hat Folgen für das Design der Batterieboxen. Die Entwicklung tendiert von der herkömmlichen Modulbauweise (cell-to-module) zur Zellbauweise (cell-to-pack) oder sogar dazu, die einzelnen Batteriezellen direkt in die Karosserie zu integrieren (cell-to-chassis). Dadurch kann in den Batterieboxen bei höherer Leistungsdichte Material und Gewicht eingespart werden. Dies bedingt jedoch, dass die Bauteile verklebt werden, was auch die Anforderungen an die TIMs verändert: Gesucht werden Zusammensetzungen, die eine bessere Haftfähigkeit und höhere Festigkeit haben und die ausreichend elastisch sind, um Unterschiede in der thermischen Ausdehnung der Bauteile auszugleichen.
Das neue Design ist jedoch eine grosse Herausforderung für die Wiederverwendbarkeit und das Recycling der Batterien. Denn der Trend zum direkten Verbau der Batteriezellen in der Batteriebox oder sogar direkt an der Karosserie statt in Modulen erschwert die Trennung der Materialien am Ende der Lebenszeit, weil die TIMs die Bauteile auch strukturell verbinden.
In der Wertschöpfungskette spielen TIMs bei der Produktion der Endprodukte eine zentrale Rolle. Auch wenn die Schweiz aufgrund ihrer Grösse und Bedeutung nicht zu den führenden Ländern mit Automobil- und Batterieindustrie gehört, ist sie ein attraktiver Standort für die Automobilzulieferindustrie. Insofern stellen Materialien für die Herstellung von Batterien ein schnell wachsendes Marktsegment dar. Innovationen in diesem Bereich können deshalb nicht nur die eigene Wertschöpfung erhöhen, sondern auch die Marktposition der Unternehmen festigen.
Mitarbeitende in der Entwicklung und Forschung von TIMs müssen über fundierte Kenntnisse in Chemie und Materialwissenschaften mit einem Zusatzwissen über TIMs verfügen. Erforderlich sind aber auch multidisziplinäres Denken und Kenntnisse der ganzen Wertschöpfungskette von elektronischen Bauteilen. In der Produktion sind herausragende Fähigkeiten im Bereich der Anlage- und Applikationstechnik erforderlich, da die spezifischen Eigenschaften von TIMs hohe Anforderungen an den Produktionsprozess stellen. Um einem drohenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken, setzen namhafte Produzenten auf interne Aus- und Weiterbildung.
China führt die Entwicklung von neuen Designs für Autobatterien an. Europa hat dagegen Mühe, mit den schnellen Designzyklen der chinesischen Industrie mitzuhalten. Diejenigen Firmen mit Sitz in der Schweiz und anderen europäischen Ländern, die innovative Batteriedesigns entwickeln und an TIMs arbeiten, sind technologisch zwar führend. Die hohen Entwicklungskosten und der tiefe Preis der chinesischen Produktion wirken sich jedoch negativ auf ihre Kompetitivität im Massenmarkt aus. Im Bereich der Automobilzulieferindustrie gibt es jedoch durchaus Nischen für hochqualitative Produkte, die besetzt werden können.
Die Entwicklung schreitet vor allem innerhalb der bisherigen Anwendungsfelder voran. Die zunehmende Miniaturisierung und die damit verbundene Erhöhung der Energiedichten in elektronischen Bauteilen führt auch zu neuen Anforderungen an wärmeleitende isolierende Materialien. Der Trend betrifft vor allem die E-Mobilität, da Gewichts- und Volumeneinsparungen für Batteriespeicher zum Beispiel in Gebäuden oder Siedlungen weniger relevant sind. Eine grosse Herausforderung ist die Entwicklung von TIMs, die am Ende des Lebenszyklus von Batterien leicht demontierbar und rezyklierbar sind, um eine vollständige Zirkularität von Batterien zu ermöglichen.
Wärmeleitende elektrische Isolatoren sind besonders wichtig für die Automobil-, Elektro- und Elektronikindustrie und spielen eine Schlüsselrolle bei der Elektromobilität. TIMs verbessern die Leistung und Lebensdauer von Batterien und tragen zur Sicherheit bei. In der Schweiz wird die Entwicklung dieser Technologie hauptsächlich von der industriellen Forschung vorangetrieben. Innovative TIMs können die Energiewende beschleunigen und zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele beitragen.
D Zhao, X Qian, X Gu, S Jajja. (2016) Measurement techniques for thermal conductivity and interfacial thermal conductance of build and thin film materials.
G Pflug, M Glabitz, S Reinemann. (2009) Nanoskalige Füllstoffe. Wärme besser leiten.
Thermal Interface Material, Thermal Conductive Adhesive, Thermal Management, Gap Filler, Batteries
Thomas Brunschwiler (IBM Research Zurich), Arno Maurer (Ostschweizer Fachhochschule OST), Markus Niederberger (ETH Zürich), Sotiris Pratsinis (ETH Zürich), Jean-Marc Triscone (Université de Genève), Jens Ulmer (Ostschweizer Fachhochschule OST), Ilaria Zardo (Universität Basel)
BASF, Dätwyler, Dow, Dupont, Henkel, Polytech, Sika