Photovoltaik

Expert:innen: Christophe Ballif (CSEM / EPFL), Hartmut Nussbaumer (ZHAW), David Stickelberger (Swissolar)

Photovoltaik wandelt Sonnenlicht in Strom um und ist fast beliebig skalierbar. Ihr Potenzial zur Stromerzeugung an Schweizer Standorten ist grösser als der momentane jährliche Stromverbrauch. Die Technologie ist ausgereift, hat einen geringen ökologischen Fussabdruck, ist bei der Bevölkerung gut akzeptiert und bietet mit Nischenanwendungen hervorragende Chancen für Schweizer Firmen. Trotz dieser zahlreichen Vorteile muss berücksichtigt werden, dass Photovoltaik nicht die alleinige Lösung für die Energiewende ist. Um eine sichere und klimaneutrale Energieversorgung aufzubauen, müssen auch andere erneuerbare Energiequellen wie Wind vermehrt genutzt, die Energieeffizienz gesteigert und Netze sowie Speicher weiter ausgebaut werden. Dabei sollte die Schweiz als Teil eines europäischen Energiesystems gesehen werden.

Bild: Bill Mead, Unsplash

Definition

Photovoltaik (PV) beschreibt die direkte Umwandlung von Sonnenlicht in elektrische Energie. Eine PV-Anlage ist demnach eine Solarstromanlage, in der mittels Solarzellen ein Teil der Sonnenstrahlung in Strom umgewandelt wird.

Heutige und zukünftige Anwendungen

Der Ursprung der Anwendungen liegt im Weltraum und in der Stromversorgung von kleinen Geräten wie Taschenrechner. Die heutigen Anwendungen lassen sich in drei Klassen einteilen: (1) Bei netzgekoppelten Systemen wird der erzeugte Solarstrom selbst genutzt, zwischengespeichert oder in das allgemeine Stromnetz eingespeist und verkauft. Darunter fallen die heute weitverbreiteten PV-Anlagen auf Hausdächern und an Fassaden, aber auch Freiflächenanlagen und schwimmende PV-Systeme auf Seen oder im Meer. (2) PV-Inselanlagen kommen dort zum Einsatz, wo keine Netzanbindung vorliegt. Sie sind eine häufig genutzte autarke Energielösung für abgelegene Gebäude wie Berghütten, können aber auch im städtischen Umfeld eingesetzt werden, selbst wenn diese spezifische Anwendung noch nicht weit verbreitet ist. (3) Kleinverbraucher wie Taschenrechner, Uhren und Wearables bilden die dritte Anwendungsgruppe.

Das Potenzial der PV ist heute nicht ausgeschöpft und ermöglicht unzählige neue Anwendungen. PV-Module werden vermehrt an Fassaden verbaut, der Anteil ist jedoch noch klein. Die bauwerkintegrierte PV wird eine zunehmend wichtige Rolle spielen: PV-Module werden in die Gebäudehülle – also die Fassade oder das Dach – integriert, wobei deren Funktion über die reine Stromgewinnung hinausgeht und Aspekte wie Lichtlenkung, Schalldämpfung, Wärmedämmung, Witterungsschutz und Ästhetik berücksichtigt. Neue Technologien haben dazu geführt, dass die Anforderungen an die Ästhetik der Module sehr gut abgedeckt werden können.

Auch der öffentliche Raum bietet gute Möglichkeiten: Die Infrastruktur umfasst grosse Flächen wie Überdachungen von Strassen, Schallschutzwände und Staumauern, die mit PV-Anlagen ausgerüstet werden können. Erste Pilotprojekte wie AlpinSolar, eine Bestückung der Muttsee-Staumauer mit Solarmodulen, wurden abgeschlossen. Grosse, landschaftsverträgliche Freiflächenanlagen an alpinen Standorten ermöglichen es, den Anteil der PV am Strommix weiter zu erhöhen. Sie sind interessant, da sie in nebelfreien Gebieten stehen, Winterstrom produzieren und dank der tiefen Temperaturen und der Reflexion des Sonnenlichts von der Schneedecke eine hohe Ausbeute versprechen. Sie sind aber auch mit grossen Herausforderungen verbunden, da weltweit kaum solche Anlagen existieren.

Eine weitere Anwendung wird mobile PV sein, also beispielsweise die Integration von Solarzellen auf oder in Automobile, Lastwagen oder Schiffe. Obwohl erste Firmen bereits aktiv sind, wird erst die Zukunft zeigen, wie gross ihr Marktanteil sein wird, da sie – abhängig vom Standort – vermutlich nur zu einer marginalen Erhöhung der Reichweite führen dürften.

Chancen und Herausforderungen

Die PV ist ein Schlüsselbaustein für die Energiewende, bietet sie doch beim jährlichen Stromverbrauch von 58 Terawattstunden in der Schweiz (Stand 2021) das Potenzial von 67 Terawattstunden auf Dächern und an Fassaden, wovon 3,65 Gigawatt heute installiert sind (Stand 2021). Momentan ist der rasche Zubau von PV die grösste Herausforderung. Sobald PV einen grösseren Anteil am Strommix ausmacht, wird Transport, Speicherung und Steuerung der Nutzung des fluktuierenden Energiegewinns zentral, wobei die Schweiz dank der Wasserkraft in einer idealen Position ist, um diese Herausforderung zu lösen. Die PV ist eine ausgereifte Technologie, die einen guten ökologischen Fussabdruck hat, bei der Bevölkerung auf breite Akzeptanz stösst und in grossem Massstab ausgerollt werden kann. Die PV stellt aber nicht nur für die Energiewende eine Chance dar, sondern öffnet der Schweizer Forschung und Industrie zahlreiche Möglichkeiten.

Selbst beim Verbau von chinesischen PV-Zellen bleiben mehr als 50 Prozent der Wertschöpfung in der Schweiz, wenn die partielle Fertigung von Wechselrichtern und Kabeln in der Schweiz und die Installation berücksichtigt werden. Dieser Wert lässt sich erhöhen, wenn Produkte von Schweizer Anlagenherstellern mit einem Produktionsstandort in Europa verbaut werden. Bei der bauwerkintegrierten PV leistet die Schweiz weltweit als Forschungs- und als Produktionsstandort einen wesentlichen Beitrag. Die Gebäudeintegration gewinnt in anderen Ländern zunehmend an Bedeutung und bietet somit für Schweizer Firmen mit ihrem Wissensvorsprung grosse Chancen. Relevant für die Forschung sind Prozesse und Materialentwicklung, um den Wirkungsgrad zu erhöhen, die Kosten für die Zellen zu senken oder das für Leiterbahnen und Kontakte verwendete Silber zu ersetzen. Silber macht heute rund 10 Prozent des Herstellungspreises für eine PV-Zelle aus und ist nur begrenzt verfügbar. Die Solarindustrie verarbeitet schon heute 15 Prozent des in Minen abgebauten Silbers und ihr Wachstum steht deshalb in direkter Konkurrenz zur Elektronik- und Telekommunikationsindustrie sowie zur Elektromobilität, die ebenfalls auf das Edelmetall angewiesen sind.

Der Entfaltung des vollen Potenzials stehen in der Schweiz einige Hürden im Weg. Es fehlt momentan eine schweizweit einheitliche und planbare Einspeisevergütung, was dazu führt, dass sich identische Projekte je nach geografischer Lage in der Schweiz unterschiedlich rechnen. Ebenfalls föderalistisch geregelt sind die Bewilligungsverfahren, was die breite Implementierung ebenfalls behindert.

Ein Zukunftsthema ist das Recycling der verbauten Module. Obwohl diese bei einer erwarteten Lebensdauer von 25–30 Jahren mehrheitlich noch nicht am Ende ihres Einsatzes angekommen sind, ist frühzeitige Forschung wichtig, bevor die Zellen im Grossmassstab zur Entsorgung anfallen. Prinzipiell sind PV-Module bis zu einem gewissen Grad rezyklierbar, wobei das Recycling aber noch nicht ökonomisch ist. Es gibt erste Aktivitäten in Deutschland und Japan, die aber noch sehr beschränkt sind, da das Thema noch nicht brennt. Die Schweiz sollte sich an diesen Aktivitäten beteiligen, auch wenn sie keine exklusive Chance darstellen.

Um die Abhängigkeit von Produzenten in Fernost zu verringern, sollte zumindest ein Teil der Zellen und Module in Europa produziert werden, wobei Schweizer Firmen hier sowohl für klassische als auch für bauwerkintegrierte Module eine grosse Rolle spielen könnten. So wird nicht nur das Know-how auf dem Kontinent bleiben, sondern die in der Forschung entwickelten Technologien könnten quasi vor Ort zur Anwendung gebracht werden. Auch verbessert sich dadurch die Ökobilanz der PV-Zellen im Vergleich zu in China hergestellten Produkten. Eine solche Vision ist für den ganzen Kontinent eine grosse Chance, die auch die Schweiz unterstützen sollte.

Förderung

Politische Behörden können auf diversen Ebenen aktiv werden, um den Zubau bei der PV-Leistung voranzutreiben. Hilfreich wäre eine Solarpflicht nicht nur bei Neubauten, sondern auch im Rahmen von Sanierungen bei Bestandesbauten, wie es im Kanton Basel-Stadt beschlossen wurde. Die Einspeisevergütungen sollten schweizweit vereinheitlicht und planbar sein, da das heutige Strommarktmodell für einen effizienten Ausbau der erneuerbaren Energien ungeeignet ist. Gleiches gilt für die Bewilligungsverfahren, die vereinfacht, beschleunigt und schweizweit einheitlich sein sollten, ohne die sorgfältige Prüfung zu verdrängen. Für Grossanlagen könnte eine Änderung des Förderverfahrens in Richtung gleitender Marktprämie nach internationalem Vorbild zielführend sein. Um die Produktion des Winterstroms zu erhöhen, sind vor allem Fassadenanlagen und alpine Freiflächenanlagen geeignet. In der Herbstsession 2022 machten National- und Ständerat den Weg frei für deren schnellen Ausbau. Konkret soll der Bau von PV-Anlagen mit einer jährlichen Mindestproduktion von 10 Millionen Kilowattstunden und einem Winterertrag von mindestens 500 Kilowattstunden gemäss einem dringlichen Bundesgesetz bis Ende 2025 beschleunigt und vereinfacht werden. Trotz dieser Fortschritte braucht es weitere Investitionen in Forschung und Entwicklung und in den Technologietransfer zu den Unternehmen sowie Unterstützung für Demoprojekte, um im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig zu bleiben und die Möglichkeit einer europäischen oder lokalen Produktion zu bewahren.

Weiterführende Literatur

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