Nachhaltige Lebensmittelproduktion

Erich Windhab (ETH Zürich)

Die nachhaltige Lebensmittelproduktion behandelt in einem systemorientierten Ansatz die gesamte Wertschöpfungskette unter Einbezug ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte. Die Lebensmittel-Wertschöpfungskette reicht von der Primärproduktion der landwirtschaftlichen Rohstoffe über prozesstechnische Lebensmittelverarbeitung, Verpackung, Lagerung, Transport, Distribution und Verkauf bis zur Zubereitung von Mahlzeiten und deren Verzehr.

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Definition

Die nachhaltige Lebensmittelproduktion behandelt in einem systemorientierten Ansatz die gesamte Wertschöpfungskette unter Einbezug ökologischer, ökonomischer und sozialer Aspekte. Es wird zunächst lokal und als Endziel global ein dynamischer Gleichgewichtszustand angestrebt. Um diesen zu erreichen, bedarf es einer mehrdimensionalen Analyse, welche die Kriterien entlang der gesamten Wertschöpfungskette ausgewogen darstellt.

Heutige und zukünftige Anwendungen

Die Lebensmittel-Wertschöpfungskette reicht von der Primärproduktion der landwirtschaftlichen Rohstoffe über prozesstechnische Lebensmittelverarbeitung, Verpackung, Lagerung, Transport, Distribution und Verkauf bis zur Zubereitung von Mahlzeiten und deren Verzehr. Um sozialökonomische Aspekte des Konsums von Lebensmitteln zu berücksichtigen und massgebliche Relevanz für eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsanalyse zu erreichen, sollte die Wertschöpfungskette um die Elemente Gesundheit und Verdauung erweitert werden. Denn auch falsche Ernährung kann die Nachhaltigkeit beeinflussen:

Aus rein technologischer Perspektive kann die Lebensmittel-Wertschöpfungskette mittels verbesserter Integration, Interaktion und Flexibilisierung der Komponenten ökologisch und ökonomisch nachhaltiger gestaltet werden. Dafür sind Querschnittstechnologien gefragt, welche der ausgeprägten Länge dieser Wertschöpfungsketten und den lokalen Rahmenbedingungen Rechnung tragen. Dies sind vor allem Robotik, additive Fertigungsverfahren, Biotechnologie, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz, Prozessautomation sowie Sensorik in Echtzeit. Allenfalls müssen die Querschnittstechnologien bezüglich Hygiene und Sicherheit an die Anforderungen der Lebensmittelindustrie angepasst werden. Der Einsatz von Blockchain und Kryptowährungen ermöglicht Transparenz und Rückverfolgbarkeit unter Gewährleistung der Datensouveränität und Privatsphäre. Eine entscheidende Rolle über die ganze Wertschöpfungskette wird künftig das sichere Management grosser Datenmengen spielen. Auf politischer Ebene ist eine Erweiterung des seit 1963 bestehenden Codex Alimentarius ins Auge zu fassen, um die nutritive und ökologische Qualität von Lebensmitteln zu standardisieren.

Chancen und Herausforderungen

Selbst wenn konsumierte Lebensmittel unter optimalen Nachhaltigkeitskriterien produziert wurden, resultieren bei falscher Ernährung damit assoziierte Krankheiten, deren Auswirkungen und Behandlungen die Nachhaltigkeitsbilanz negativ beeinflussen können. Für eine technologisch fokussierte Analyse wird der Gesundheitsaspekt nicht einbezogen, da dieser im Beitrag Personalisierte Ernährung thematisiert wird. Die Agenda 2030 der UN mit 17 Entwicklungszielen im Bereich der Nachhaltigkeit ist 2020 durch die COVID-19-Pandemie aus dem Tritt geraten und einige Ziele für die nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals SDGs) scheinen deswegen ausser Reichweite. Eine Anpassung der SDGs wird diskutiert.

Das Schweizer Ernährungssystem und die Lebensmittelindustrie haben die SDGs auf breiter Anwendungsebene in ihre Zielsetzungen implementiert. Seit Veröffentlichung der SDGs im Jahr 2015 wurden in der Schweiz sichtbare Fortschritte erzielt. Aus der Verbindung von SDG 3 (Gesundheit und Wohlergehen) und SDG 12 (Verantwortungsvoller Konsum und Produktion) lassen sich neue Schwerpunkte und relevante Geschäftsmodelle ableiten, die der ernährungsbasierten Krankheitsprophylaxe mehr Bedeutung einräumen. Entsprechende Kompetenzen sind in der Schweizer Industrie vorhanden und sollten verstärkt aktiviert werden.

Förderung

Schweizer Firmen verfügen in den genannten Querschnittstechnologien über massgebliche Kompetenzen und beanspruchen teilweise internationale Marktführerschaft. Nahezu alle der rund 2200 Unternehmen der Schweizer Lebensmittelbranche adressieren in ihren Zielsetzungen Nachhaltigkeitsaspekte. Sie repräsentieren mit rund 62‘000 Beschäftigten und jährlich rund 25 Mrd. CHF Umsatz 5,3 Prozent des Schweizer BIP. Konzertierte Interaktion ist angezeigt, um die Nachhaltigkeitsziele der Schweiz zu erreichen.