Flexible Batterien

Expert:innen: Maksym Kovalenko (ETH Zürich / Empa), Markus Niederberger (ETH Zürich)

Der Einsatz von Batterien hat sich in den letzten Jahren vervielfacht. Der Bedarf wird gemäss Expert:innen bis 2030 jährlich um einen Drittel zunehmen. Dies ist primär eine Folge der zunehmenden Nachfrage nach Elektrofahrzeugen. Der Anstieg ist aber auch eine Folge der zunehmenden Verbreitung von Mikroelektronik. Es ist wahrscheinlich, dass zukünftig sogar Etiketten, Kleidungsstücke oder Wundverbände mit Sensorik ausgestattet werden. Viele solche Anwendungen scheitern derzeit noch an den Batterien: Sie sind klobig, schwer und starr. Deshalb suchen Wissenschaftler:innen nach flexiblen Bauweisen.

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Definition

Batterien, deren Form veränderbar ist, ohne dass dadurch ihre Funktion eingeschränkt wird, erlauben zahlreiche neue Anwendungen: intelligente Produktetiketten, Kleidungsstücke, die integrierte Sensoren enthalten oder Wundpflaster, die mehr tun als eine Wunde zu schützen. Daran arbeiten Wissenschaftler:innen an Hochschulen und in Unternehmen.   

Bei der Konstruktion von flexiblen Batterien geraten verschiedene physikalische Eigenschaften von Batterien mit einer flexiblen Bauweise in Konflikt. Deshalb müssen Materialien gefunden und neue Bauweisen entwickelt werden, die es erlauben, das Speichern von Energie mit einer flexiblen Form ohne Verlust an Sicherheit zu kombinieren.  

Heutige Anwendungen und Chancen

Manche Medikamente sind temperatursensibel. Sie verlieren ihre Wirkung, wenn sie bei zu hohen Temperaturen gelagert werden. Heute werden Frachtcontainer mit Thermometer ausgestattet, damit die Wirksamkeit solcher Medikamente nachgewiesen werden kann. Viel genauer und sicherer wäre es jedoch, nicht die Umgebungstemperatur zu messen, sondern die einzelne Ampulle, den Blister oder die Schachtel mit einem Temperatursensor auszustatten, sodass das fragliche Objekt selbst aufzeichnet, welchen Bedingungen es ausgesetzt war.  

Wenn lückenlos Rechenschaft abgegeben werden kann, wo ein bestimmtes Objekt, etwa eine Schachtel eines Medikamentes, eine Flasche sehr teuren Weins oder eine Ampulle mit einem Impfstoff, zu einem beliebigen Zeitpunkt war und welchen Bedingungen die einzelne Einheit ausgesetzt war oder welcher Provenienz ein Gegenstand entstammt, so schützt dies potenzielle Käufer:innen, Investor:innen oder Nutzende vor Fälschungen, Qualitäts- und Wirkungsverlust durch falsche Lagerung. 

Zudem könnten flexible Batterien in der Wundversorgung zum Einsatz kommen. Heutige Pflaster schützen vor Umgebungseinflüssen. Es ist jedoch denkbar, dass diese zukünftig auch über den Fortschritt der Heilung Auskunft geben oder Wunden sogar mit Wirkstoffen versorgen.  

Heutige Batterien lassen sich nicht in Etiketten oder Pflaster integrieren, weil sie weder beug- noch faltbar sind. Es müssen also Energiespeicher entwickelt werden, deren Form sich an die Umgebung anpassen lässt. Da davon auszugehen ist, dass solche Batterien nur kurzlebig sind, ist es von erheblicher Bedeutung, dass die darin verbauten Werkstoffe sehr günstig sind, einfach zurückgewonnen werden können und dass sie keiner Spezialentsorgung bedürfen.  

Herausforderungen

Eine Batterie ist ein chemischer Speicher für Energie. Man kann sich diesen vorstellen wie ein Gefäss. Je grösser, desto mehr Flüssigkeit kann es aufnehmen. Je mehr Masse Batterien gleicher Bauart haben, desto mehr Energie können sie speichern und desto geringer ist ihre Flexibilität. Vier zentrale Herausforderungen, die den Bau von flexiblen Batterien erschweren, sind: Sicherheit und Funktion versus Flexibilität; Biegen versus Faltenbildung; Gefährlichkeit von Lithiumionen-Batterien; und neue Materialien versus gleiche Leistung. 

Batterien funktionieren, weil sie aus zwei Elektroden bestehen, – der Anode und der Kathode. Zwischen diesen besteht ein Potenzialunterschied. Elektrischer Strom fliesst, weil dieser Unterschied nach einem Ausgleich sucht. Damit Strom über den äusseren Kreislauf fliessen kann, müssen alle Komponenten lückenlos und möglichst fest aufeinandergepresst werden: je fester das Gehäuse, desto grösser der Druck. Ein festes Gehäuse aber steht im Widerspruch zu einer flexiblen Bauweise.  

Wird etwas, das aus unterschiedlichen Schichten besteht, gebogen, entstehen Falten. Dort, wo sich das Material auffaltet, verlieren die beiden Schichten den Kontakt zueinander. Sie delaminieren, wie die Fachperson sagt. Dort, wo kein Kontakt zwischen den Schichten ist, kann kein Strom mehr fliessen: Die Batterie verliert an Leistungsfähigkeit. 

Die heute leistungsfähigsten Batterien funktionieren auf der Basis von Lithiumionen. Damit sich die Ionen zwischen den Bauteilen bewegen können, beinhalten die Batterien ein Elektrolyt. Das ist eine Flüssigkeit, die den Austausch der Ionen ermöglicht. Leider ist diese Flüssigkeit giftig und brennbar. Deshalb gibt es strikte Sicherheitsvorgaben für den Bau von Batterien. Da eine flexible Bauweise weniger sicher ist und solche Batterien leichter kaputtgehen als solche mit starrem Gehäuse, darf man nach heutigen Sicherheitsvorschriften keine giftigen und leicht entzündlichen Stoffe verwenden. 

Forschende sind auf der Suche nach neuen Materialien, die sicher und ungiftig sind. Eine an der ETH Zürich erforschte, vielversprechende Alternative sind Zinkionen. Solche Batterien werden mit Wasser als Elektrolyt betrieben. Dies ist deshalb interessant, weil bei solchen Batterien alle Bestandteile ungiftig, unproblematisch und verhältnismässig günstig sind. Allerdings ist die Leistungsfähigkeit von Zinkionen-Batterien noch nicht mit derjenigen von Lithiumionen-Batterien vergleichbar. Der Hauptgrund liegt darin, dass sich Wasser bei etwa 2 Volt in Wasserstoff und Sauerstoff zersetzt. 

Fokus Industrie

Wirklich flexible, beug- und faltbare Batterien gibt es noch keine auf dem Markt. Aber vielerorts wird an der Entwicklung solcher Batterien geforscht. So ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren das eine oder andere Produkt auf den Markt kommt.  

Wenn flexible Batterien sich dereinst kostengünstig realisieren lassen, ergeben sich daraus Anwendungen für viele Stufen verschiedener Wertschöpfungsketten. Es lohnt sich also bereits heute, eine noch in der Grundlagenforschung befindliche Technologie zum Anlass zu nehmen und sich mit der Frage zu beschäftigen, wie Unternehmen ihre Geschäftsprozesse digital abbilden und ergänzen können.  Ein Beispiel hierfür ist die Frage, ob Sensorik in Etiketten sinnvoll eingesetzt werden könnte. 

Internationale Perspektive

Das Gros der Batterien kommt heute aus China, dort befindet sich nicht nur der mengenmässige Hotspot, sondern auch in qualitativer Hinsicht gibt China den Ton in der Entwicklung und Herstellung von Batterien.  

Dennoch. Die Schweiz ist gut aufgestellt. Sie verfügt über exzellente Grundlagenforschung und Lehre in allen für die Batterieentwicklung wichtigen Fächern: in der Chemie, in der Elektrotechnik und in den Materialwissenschaften.  

Auch sind einige Unternehmen hier ansässig, die in der Lage sind, die Batterietechnologie zu innovieren. Allerdings sind die Budgets für Forschung und Entwicklung sowie für die Produktion von neuen Batterietypen sehr klein im Vergleich zu jenen der grossen Produktionsstandorte. Das limitiert die Optionen stark.  

Zukünftige Anwendungen

Zukünftig könnten flexible Batterien auch in der Softrobotik zum Einsatz kommen. Softroboter sind Roboter, deren Bauteile weich sind. Sie kommen bei Anwendungen zum Einsatz, die viel Interaktion von Roboter und Mensch erfordern, etwa im Gesundheitswesen und in der Alterspflege.  

Ein weiteres Forschungsziel ist es, Batterien zu entwickeln, die nicht nur flexibel, sondern auch bioabbaubar sind. Wenn dies gelingt, werden neue Implantate machbar, die im Körper nach Erfüllung ihrer Funktion sich abbauen.  

Auch im Konsumgüterbereich verspricht die Technologie neue Anwendungen: Etwa falt- und rollbare Displays, die es bislang auch deshalb nicht gibt, weil entsprechende Stromquellen fehlen.

Weiterführende Informationen

G Gao, G Li, Y Zhao, L Ma, W Huang. (2023) The structure design of flexible batteries.   

X Xia, J Yang, Y Liu, J Zhang, J Shang, B Liu, S Li, W Li. (2023) Material choice and structure design of flexible battery electrode.   

F Xiang, F Cheng, Y Sun. (2023) Recent advances in flexible batteries: From materials to applications.   

L Wang, Y Zhang, PG Bruce. (2022) Batteries for wearables.   

LA Wehner, N Mittal, T Liu, M Niederberger. (2021) Multifunctional batteries: flexible, transient, and transparent.   

L Wen, J Chen, J Liang, F Li, HM Cheng. (2016) Flexible batteries ahead.   

Battery 2030. Sustainable batteries of the future.  

EBA250. Building a European battery industry.  

iBAT. Swiss Battery Association.  

Keywords

Flexible Batteries, Flexible Energy Storage, Stretchable Battery Materials, Wearable Power Sources, Flexible Electrodes 

Akademische Akteur:innen

Sarbajit Banerjee (PSI), Corsin Battaglia (Empa / ETH Zurich / EPFL), Ali Coskun (Universität Freiburg), Maksym Kovalenko (ETH Zürich / Empa), Maria Lukatskaya (ETH Zürich), Markus Niederberger (ETH Zürich), Frank Nüesch (Empa / EPFL), Yaroslav Romanyuk (Empa), Vanessa Wood (ETH Zürich) 

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