Faseroptische Sensoren

Expert:innen: Luc Thévenaz (EPFL)

Faseroptische Sensoren kommen in der Telekommunikation, Medizintechnik und Industrie zum Einsatz – beispielsweise für präzise Messungen im menschlichen Körper, in der Luft- und Raumfahrt oder bei der Überwachung von Bauwerken und Infrastruktur. Sie zeichnen sich durch hohe Präzision, Unempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischer Strahlung und chemische Beständigkeit aus. Aufgrund ihres geringen Durchmessers sind sie ideal geeignet für den Einsatz in schwer zugänglichen Einsatzorten. Eine innovative Entwicklung sind Hohlkernfasern, die Verluste optischer Signale minimieren und eine schnellere Datenübertragung ermöglichen.

Bild: Solen Feyissa, Unsplash

*Aktualisierte Version des Beitrags von 2023

Definition

Faseroptische Sensoren messen physikalische Grössen wie Temperatur, Druck oder Dehnung mithilfe von Lichtsignalen in Glas- oder Kunststofffasern. Sie funktionieren hochpräzis und sind chemisch sehr beständig. Zudem werden sie von elektromagnetischen Störungen kaum beeinflusst. Wegen dieser Eigenschaften und ihres geringen Durchmessers in der Grössenordnung eines menschlichen Haars eignen sie sich für den Einsatz in beengten Räumen, in anspruchsvollen Umgebungen oder dort, wo andere Sensoren nicht eingesetzt werden können. Eine bahnbrechende Neuerung sind Hohlkernfasern, die das Licht in einem luftgefüllten Kern weiterleiten. Diese Technologie reduziert Verluste und optische Nichtlinearitäten, was wiederum längere Übertragungswege und schnellere Reaktionszeiten erlaubt. Hohlkernfasern eröffnen neue Anwendungen im Bereich der Telekommunikation, Medizintechnik und Industrieüberwachung. 

Heutige Anwendungen und Chancen

Faseroptische Sensoren werden wegen ihrer hohen Messgenauigkeit über grosse Distanzen und wegen ihrer Unempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Störungen bereits heute in Hochspannungsanlagen eingesetzt. Sehr kleine faseroptische Sensoren, die biokompatibel sind, werden in der Medizin für präzise Messungen im Körper verwendet wie etwa für Messungen des Blutdrucks in Herzkranzgefässen oder der Gewebetemperatur während einer Tumorbehandlung in der Magnetresonanztomografie. 

Eine Faser kann zudem durch das Multiplexverfahren, bei dem mehrere Signale oder Informationsströme gleichzeitig als ein einziges komplexes Signal über eine Kommunikationsverbindung gesendet werden, bis zu 100 Sensoren gleichzeitig ansteuern – ideal für die Luft- und Raumfahrt oder die Überwachung von Bauwerken. Zudem können die Fasern entlang ihrer gesamten Länge kontinuierliche Messdaten liefern, beispielsweise zur Leck- und Temperaturüberwachung in Pipelines und Stromnetzen. 

Optische Glasfasern stossen heute an physikalische Grenzen: Der Lichtverlust in Quarzglas ist kaum weiter reduzierbar und optische Nichtlinearitäten führen zu Überschneidungen und damit zu Signalstaus. Mit der Einführung sogenannter antiresonanter Hohlkernfasern kann diese Hürde überwunden werden. Darin wird das Licht fast verlustfrei durch einen Luftkern geleitet, was den Verlust unter das Niveau klassischer Glasfasern senkt und störende Nichtlinearitäten minimiert. Dadurch ermöglichen Hohlkernfasern noch schnellere und leistungsstärkere Datenverbindungen als faseroptische Sensoren – ideal für Rechenzentren, Big-Data-Anwendungen und künstliche Intelligenz. Zudem lassen sie sich mit Gasen oder Flüssigkeiten befüllen und gezielt für die Sensorik oder für die Übertragung von Laserleistungen in Industrie und Medizin anpassen.  

Die Forschung zu optischen Glasfasern wurde bisher von Telekommunikationsfirmen getragen und nicht durch Nationale Forschungsprogramme. Da Innovationen vor allem in Start-ups entstehen, könnte sich ein gezielter Fokus der Wirtschaftsförderung auf den Bereich der faseroptischen Sensoren lohnen. 

Die Entwicklung im Bereich der innovativen Hohlkernfasern wird von Forschungsgruppen an Hochschulen und Forschungsinstituten vorangetrieben. Erste Unternehmen beginnen zwar, diese Fasern in ihr Portfolio aufzunehmen. Doch ihre Produkte sind noch nicht in der Lage, bei den Übertragungsverlusten mit klassischen Glasfasern mitzuhalten. 

Herausforderungen

Die Mess- und Auslesegeräte für faseroptische Sensoren sind teuer. Dies schränkt insbesondere den Einsatz im Bauwesen ein, da dort beispielsweise zur Überwachung von Bauwerken viele Messpunkte erforderlich sind. Photonisch integrierte Schaltungen (siehe PICs) wie sie von der Firma Ligentec in Lausanne entwickelt werden, bieten einen vielversprechenden Ansatz für kompaktere Systeme, die Kostensenkungen ermöglichen. 

Eine weitere Herausforderung ist die Produktion von Hohlkernfasern. Die komplexe Mikrostruktur aus dünnwandigen Kapillaren, die hochpräzise geschichtet werden, ist in der Produktion aufwendig und teuer. Besonders lange Fasern sind deshalb nur eingeschränkt verfügbar. Zudem erreichen Hohlkernfasern ihre theoretisch niedrigen Verluste nur unter bestimmten Bedingungen. Unter Standardbedingungen sind sie mit herkömmlichen Glasfasern noch nicht konkurrenzfähig. Auch ihre geringere mechanische Stabilität erfordert zusätzliche Massnahmen zum Schutz der Fasern. Der Anschluss an andere optische Komponenten ist zudem technisch komplex, zumal es noch an einheitlichen Standards fehlt. 

Fokus Industrie und internationale Perspektive

Die Technologie passt zur Schweizer Industrie mit ihrer Tradition in der Präzisionsfertigung. So gibt es verschiedene Firmen, die faseroptische Sensorsysteme oder entsprechende Komponenten produzieren, darunter Diamond SA (Losone TI), Baumer Group (Frauenfeld), Solifos AG (Windisch) und Volpi AG (Schlieren). Noch sind diese Firmen in Nischenmärkten führend, doch die Konkurrenz aus Europa und China holt rasch auf. 

In der Schweiz wurde die Produktion von Glasfasern in den letzten zehn Jahren eingestellt. Deshalb ist es unwahrscheinlich, dass eine hiesige Produktion wieder wettbewerbsfähig werden kann. Bedeutend besser positioniert ist die Schweiz bei der Entwicklung des entsprechenden Zubehörs (Stecker, Kabel, Koppler usw.). 

Firmen, die Hohlkernfasern einsetzen werden, können von höheren Datenraten profitieren – ein entscheidender Vorteil für Anwendungen mit Big Data und künstlicher Intelligenz. Die Fasern werden gezielt für die steigenden Anforderungen durch KI-Workloads entwickelt. Eine potenzielle Nische liegt in der Entwicklung spezialisierter Steckverbinder. In diesem Bereich ist das Schweizer Unternehmen Diamond SA (Losone TI) führend. 

Zukünftige Anwendungen

Die künftigen Anwendungen faseroptischer Sensoren sind vielfältig. In der Infrastruktur ermöglichen sie die frühzeitige Erkennung von Rissen, Spannungen, Dehnungen oder Setzungen in Brücken, Tunneln, Strassen, Gleisen und Gebäuden. In der personalisierten Medizin kommen sie als In-vivo-Sensoren zum Einsatz, etwa zur Überwachung medizinischer Werte, während Operationen oder zur Langzeitdiagnostik. Intelligente Energiesysteme profitieren von den Fähigkeiten faseroptischer Sensoren zur Echtzeitüberwachung von Fehlern und Überlastungen in Stromnetzen sowie in Wasserstoffpipelines.  

Auch im Bereich Umwelt- und Klimaschutz leisten sie einen Beitrag, indem sie Methan-, CO2- oder Schadstoffemissionen selbst in schwer zugänglichen Zonen erfassen können. In der Luft- und Raumfahrt sorgen sie für die kontinuierliche Zustandsüberwachung von Flugzeugrümpfen, Triebwerken und Strukturen im All. In der automatisierten Industrie ermöglichen sie eine präzise Prozesskontrolle in Echtzeit beispielsweise in der Chemie-, Pharmazie- oder Lebensmittelproduktion. Schliesslich spielen sie auch in quantentechnologischen Anwendungen eine Rolle, etwa in Atomuhren oder Quantencomputern, wo höchste Präzision gefragt ist.

Weiterführende Informationen

AH Hartog.(2017) An introduction to distributed optical fibre sensors.   

CKY Leung, KT Wan, D Inaudi, X Bao, W Habel, Z Zhou, J Ou, M Ghandehari, HC Wu, M Imai. (2015) Review: optical fiber sensors for civil engineering applications.  

Fiber Optic Sensing Association. The World's Premier Trade Association Representing Fiber Optic Sensing Technology.  

Keywords

Low-Loss Optical Fibres, Microstructured Optical Fibres, Long HaulData Transmission, Antiresonant Light Guiding, Low Latency Transmission 

Akademische Akteur:innen

Luc Thévenaz, EPFL (emeritiert) 

Firmen

Baumer Group, Diamond, Ligentec, Solifos, Volpi