Spitalinfektionen sind Infektionen, mit denen sich Patient:innen in Spitälern anstecken. Ziel der Handhygiene ist es, die Ausbreitung von Keimen durch gezieltes Desinfizieren zu vermeiden. ViRTUE macht Keime und ihre Verbreitung in einer virtuellen Umgebung sichtbar und zeigt dem Gesundheitspersonal auf, wann eine Händedesinfektion notwendig ist und wann sie überflüssig ist.
Bild: Ateo
Die Schwierigkeit, Handhygiene zu lernen, besteht mithin darin, dass Krankheitskeime, ob Bakterien, Pilzsporen oder Viren, unsichtbar sind. Deshalb müssen Routinen eingeübt werden, deren Zweck in der Theorie zwar verständlich ist, deren Auswirkungen aber nicht sinnlich wahrnehmbar sind. ViRTUE ist eine in Zürich entwickelte Lernumgebung für Handhygiene. Dahinter stehen die Agentur Ateo GmbH und das Universitätsspital Zürich. Die Anwendung läuft auf einer Virtual-Reality-Brille und führt die lernende Person in ein Zimmer des Universitätsspitals Zürich, wo sie eine vermeintlich einfache Aufgabe zu erledigen hat. Im virtuellen Spitalzimmer befinden sich zwei stationäre Patient:innen. Die Aufgabe ist einfach: Patient:in eins mit Handschlag begrüssen, Puls abhören und Fieber messen. Im Anschluss an die Visite bei Patient:in eins folgt jene bei Patient:in zwei mit einem etwas anderen Ablauf. Und schon sind der übenden Person gravierende Fehler unterlaufen, wenn sie sich die Hände nach dem Betreten des Zimmers und beim Wechsel von Patient:in eins zu Patient:in zwei nicht desinfiziert hat.
Die Anwendung kann entweder in Echtzeit oder erst im Nachhinein zeigen, wie sich Krankheitserreger ausbreiten und wie sie von einer Oberfläche zur nächsten verschmiert werden: von der behandelnden Person auf Patient:in eins und von da zu Patient:in zwei. ViRTUE ermöglicht es, dass medizinisches Personal tägliche Routinen in einer virtuellen Umgebung durchführt und über Fehler informiert wird. Dadurch, dass in einer virtuellen Umgebung, Keime sichtbar gemacht werden, können Fehler bei der Handhygiene im Unterricht aufgezeigt und von der Klasse diskutiert werden. Auch zu häufiges Händedesinfizieren soll ViRTUE verhindern, was kostensparend und ressourcenschonend wirkt bei hunderten Visiten pro Tag.
Spitalinfektionen sind häufig. Gemäss einer Schätzung des Bundesamtes für Gesundheit erlitten rund 6 Prozent der stationär behandelten Personen eine Infektionskrankheit aufgrund eines Aufenthalts in einem Schweizer Spital. Eine Studie von Swissnoso, dem nationalen Zentrum für Infektionsprävention, geht davon aus, dass im Jahr 2022 rund 5900 Personen an einer solchen Infektion verstorben sind. Dies entspricht ungefähr dem 25-fachen der Toten des Strassenverkehrs. Die Höhe der Zahlen und wie sie zu interpretieren sind, kann hier nicht beurteilt werden. Allerdings zeigen sie die Wichtigkeit von Spitalhygiene im Allgemeinen und der Handhygiene im Spezifischen, denn ein Grossteil der Keime wird über die Hände verbreitet.
Damit ViRTUE auf einer Virtual-Reality-Brille laufen kann, bedarf es bislang eines externen Computers, der über die notwendige Rechenleistung verfügt, um die Bilder zu rendern. Zudem muss die Anwendung von einem Operator gesteuert werden. Zukünftig soll beides vereinfacht werden, sodass das erforderliche technische Wissen und der Aufwand für das Spitalpersonal resp. die Lehrperson minimal werden.
Sebastian Tobler, Geschäftsführer von Ateo, möchte mit ViRTUE zum weltweit führenden Anbieter für Schulungsunterlagen zum Thema Handhygiene werden. Seine Motivation ist die Notwendigkeit, etwas gegen Spitalinfektionen tun zu müssen: «Der klare Vorteil von ViRTUE besteht darin, dass Keime und deren Verbreitung in einer virtuellen Umgebung sichtbar gemacht werden. Dadurch prägt sich den Lernenden ein, warum Händehygiene so wichtig ist.»