Expert:innen: Adriaan Spierings (Inspire)
Bei der additiven Fertigung, auch bekannt als Additive Manufacturing oder 3D-Druck, wird ein dreidimensionales Bauteil während des Fertigungsprozesses aus einzelnen dünnen Schichten aufgebaut. Dazu wird das Ausgangsmaterial, das aus Kunststoff, Metall oder Keramik besteht und entweder flüssig als Photopolymer oder als Pulver, Faden bzw. Folie vorliegt, schichtweise verfestigt. Die Verfestigung geschieht mithilfe eines Lasers, eines Elektronenstrahls oder eines Lichtbogens oder alternativ durch Verkleben von Fäden bzw. von pulverförmigen Partikeln.
Bild: Jon Tyson, Unsplash
Das Verfahren bietet den Vorteil, dass eine schwierig zu fertigende, komplexe dreidimensionale Struktur auf ein leichter zu fertigendes, zweidimensionales Problem reduziert wird. Diese Reduktion der Komplexität ermöglicht die Herstellung geometrisch komplexer Bauteile für viele industrielle Anwendungsbereiche. Allerdings sind die so gefertigten Teile in Bezug auf ihre mechanischen Eigenschaften nicht identisch mit konventionell hergestellten Teilen, wie sie beispielsweise mit dem Gussverfahren gefertigt werden. Neben mikrostrukturellen Unterschieden zeigen additiv gefertigte Teile eine gewisse Restporosität, also eine reduzierte Integrität des Materials. Derartige Materialschwächen spielen im Kontext von mechanischen Eigenschaften eine bedeutende Rolle und bedingen angepasste Qualitätskontrollen und eine in den Prozess eingefügte Nachbearbeitung, was die additive Fertigung kostenintensiver macht.
Es ist deshalb von entscheidender Bedeutung, dass für die additiven Fertigungsprozesse neue, umfassende Methoden des Qualitätsmanagements entwickelt werden. Diese sollten im Idealfall in der Lage sein, bereits während der Fertigung – also in situ – Materialdefekte und mikrostrukturelle Unterschiede im aufgebauten Material detektieren zu können. Die Prozesse werden dadurch robuster und können mit weniger Streuung in der Endqualität ablaufen. Geeignete Technologien müssen entwickelt werden, welche die verschiedenen additiven Fertigungsprozesse und die damit verarbeiteten Materialsysteme überwachen. Die Überwachungstechnologien müssen in der Anlagensteuerung integriert werden, um während dem Aufbauprozess korrektiv in den Prozessablauf eingreifen zu können. Damit kann nicht nur erreicht werden, dass die Materialintegrität der gefertigten Bauteile reproduzierbarer ist und die Teile eine bessere Qualität aufweisen; die Methoden tragen auch dazu bei, dass die Robustheit der Prozesse quantitativ bewertet werden kann. Dies ist ein wesentlicher Beitrag an ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem, das die Zertifizierung von Anlagen für die additive Fertigung bzw. der damit hergestellten Bauteile sowie das hierfür benötigte Personal umfasst.