Von Elektroautos bis zu medizinischen Implantaten sind Lithium-Ionen-Batterien heute unabdingbar für die Energieversorgung. Dieser Batterietyp hat aber auch Nachteile. Der Battery Innovation Hub des CSEM entwickelt und erprobt deshalb neue Materialien und Herstellungsverfahren für sicherere und leistungsfähigere Batterien.
Bild: CSEM
Die gegenwärtig eingesetzten Lithium-Ionen-Batterien nutzen in der Regel Grafit als Material der Anode – der negativen Elektrode – und einen flüssigen Elektrolyten. Der Elektrolyt ermöglicht, dass die Ladung beim Betrieb der Batterie in der Form von Lithium-Ionen zwischen der Anode und der Kathode – der positiven Elektrode – fliesst. Auch mit weiteren Optimierungen dürfte für diese Bauart in den nächsten Jahren die physikalisch maximal mögliche Energiespeicherkapazität erreicht werden. Ausserdem bestehen bei Lithium-Ionen-Batterien mit flüssigen Elektrolyten die Risiken, dass diese auslaufen oder sich bei Überhitzung entzünden.
Eine neue Generation der sogenannten Festkörperbatterien verspricht hier Abhilfe. Der Battery Innovation Hub des CSEM entwickelt Batterien mit Hochleistungsanoden aus Lithium-Metall und einem festen Elektrolyten aus einem Polymermaterial. Diese Batterien können doppelt so viel Energie speichern wie solche mit Grafitanoden und bieten hohe Sicherheit.
Die Leistungssteigerung von Batterien mit Lithium-Metall-Anoden steht vor einem Problem: Dieses Metall ist sehr reaktiv und bildet in gängigen Herstellungsverfahren eine unregelmässige Oberflächenschicht, auf welcher sich im Betrieb gegebenenfalls weiteres Metall ablagert, was die Speicherkapazität und Lebensdauer der Batterie beeinträchtigt. Mit dem Verfahren der Physical Vapour Deposition (PVD) nutzt das CSEM eine Technologie, die in der Uhrenindustrie oft zur Veredlung von Metallteilen angewendet wird. Das Forschungs- und Entwicklungszentrum ist ursprünglich aus diesem Industriebereich hervorgegangen. Mit PVD können auf Hochleistungsanoden im Vakuum dünne, gleichmässige und hochreine Schichten aus Lithium-Metall und gleichzeitig ein Schutzfilm aufgebracht werden, der weitere unerwünschte Metallablagerungen verhindert. «Dünnschichttechnologie ist entscheidend für den Schritt zur nächsten Batteriegeneration», ist Andrea Ingenito, Co-Direktor des Battery Innovation Hub, überzeugt.
Der zweite entscheidende Schritt ist, diese neuen Anoden in einer Festkörperbatterie einzusetzen. Neben dem bereits genannten Sicherheitsgewinn verspricht dieser Batterietyp auch geringere Kosten und weniger Energieverbrauch in der Herstellung. Das CSEM setzt auf in situ Polymerisation, wobei ein flüssiges Ausgangsmaterial zwischen die Batterieelektroden eingebracht wird, das anschliessend zu einem festen Elektrolyten polymerisiert. Dadurch entstehen zwischen den Batterieelementen Kontaktflächen, welche einen sehr guten Fluss der Ladung im Batterieinneren ermöglichen, was sich positiv auf die Leistung und Lebensdauer auswirkt. Das CSEM nutzt seine Kompetenzen in der Materialentwicklung ausserdem, um die Eigenschaften der Polymer-Elektrolyten zu verbessern, damit Festkörperbatterien auch bei Raumtemperatur eine hohe Leistung liefern können. Andere Festkörperbatterien benötigen hohe Betriebstemperaturen oder Betriebsdrücke, was deren Markteinführung behindert.
Eine neue Generation von Lithium-Metall-Festkörperbatterien käme hauptsächlich dem Markt für Elektrofahrzeuge zugute. Diese Fahrzeuge könnten bezüglich Reichweite, Kosten, Ladezeiten und Lebensdauer so weit verbessert werden, dass sie mindestens gleichwertig oder besser als heutige Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor wären. Die zukünftigen Lithium-Batterien bei höherer Sicherheit auch kleiner und leichter zu bauen, wäre für Nischenanwendungen wie medizinischen Implantaten nützlich.
Andrea Ingenito betont abschliessend, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis Festkörperbatterien serienmässig am Markt verfügbar sein werden. Er sieht aber eine spannende und vielversprechende Zukunft für dieses sich rasch entwickelnde Gebiet, die von den Entscheidungsträger:innen verfolgt werden sollte: «Die neuen Materialien und Herstellungsverfahren bieten eine Möglichkeit, die europäische Batterieindustrie neu aufzubauen.»