Die Berner Fachhochschule BFH kooperiert in einem Forschungsprojekt mit dem E-Bike-Hersteller Thömus AG. Bei einer Flotte von 200 E-Bikes werden Datenpunkte gesammelt, deren Auswertung Aufschluss über den Alterungsprozess von Batterien gibt. Ziel des Forschungsprojekts ist es, die Alterung von Batterien zu verlangsamen und Second-Life-Anwendungen von Batterien zu ermöglichen.
Bild: Berner Fachhochschule
Eine umfassende Kreislaufwirtschaft für Lithium-Ionen-Batterien zu entwickeln, ist eine Herausforderung für Forschung und Industrie. Batterien mit einer Restkapazität von weniger als 80 Prozent sind für Mobilitätsanwendungen ungenügend und sie werden mehrheitlich dem Recycling zugeführt, obwohl sie in einer Second-Life-Nutzung noch problemlos als stationäre Speicher eingesetzt werden könnten. Zugleich erhöht das verstärkte Aufkommen von batteriebetriebenen Mobilitätsanwendungen die Notwendigkeit, die Batterielaufzeit für den primären Gebrauch zu verlängern.
Zur Verringerung des Ressourceneinsatzes von Batterien muss deren Laufzeit verlängert werden. Dementsprechend sollen Batterien, die den Anforderungen des Mobilitätssektors nicht mehr genügen, ein zweites Leben in einer anderen Anwendung wie der stationären Energiespeicherung erhalten. Um diesem Ziel näherzukommen, kooperiert der E-Bike-Hersteller Thömus AG mit der Berner Fachhochschule BFH und weiteren Partnern. «Es geht darum, den Alterungsprozess von Batterien während der Nutzung durch die Biker:innen besser zu verstehen. Sprich jene Bedingungen zu identifizieren und schliesslich zu vermeiden, die Batterien schaden und sie schnell altern lassen», sagt Professorin Priscilla Caliandro, Leiterin des Zentrums für Energiespeicherung an der BFH.
Jedes neu verkaufte E-Bike des Typs Twinner der Thömus AG zeichnet wertvolle Batteriedaten für Forschungszwecke auf. Dazu werden relevante Datenpunkte wie die Temperatur, der Ladezustand und die Stromstärke erfasst. Die Forschungsgruppe der BFH um Priscilla Caliandro und Andrea Vezzini hat eigens für solche Nutzungsdaten ein statistisches Konzept entwickelt. «Entscheidende Vorteile unseres Konzeptes sind eine unmittelbare Anonymisierung der Daten – Rückschlüsse darauf, welcher Strecke entlanggefahren wurde, sind nicht möglich – und ein über die gesamte Laufzeit konstanter Speicherplatz für die aufgezeichneten Daten. Zudem wird die Rechenzeit in der späteren Analyse entscheidend reduziert, weil eine Vorverarbeitung der Daten bereits im Mikrochip auf der Batterie und vor der drahtlosen Übermittlung an den Server an der BFH durchgeführt wird. Das ergibt insgesamt ein sehr schlankes und kostengünstiges System», betont Caliandro. Im Labor kombinieren die Forschenden die Daten über die Nutzung dann mit einem Alterungsmodell und entwickeln optimale Betriebsstrategien.
Basierend auf dieser Auswertung soll eine Prognose über die zukünftige Leistungsfähigkeit der Batterien und über deren weitere Lebensdauer erstellt werden. Dies ist einerseits entscheidend für die Sicherheit von Batterien und andererseits unabdingbar für Geschäftsmodelle zur Zweitnutzung. Derzeit arbeiten die Forscher:innen an einer Verbesserung der Aussagekraft ihrer Vorhersagen und zusammen mit weiteren Partnern an der Implementierung des Konzeptes für die Erfassung von Nutzungsdaten in weiteren Anwendungen. An zukünftige Möglichkeiten denkend, kommentiert Caliandro: «Wir sind auch im Gespräch mit europäischen Partnern und hoffen, dass unser Konzept in den digitalen Battery Passport der EU aufgenommen wird, welcher alle relevanten Daten über den Lebenszyklus einer Fahrzeugbatterie enthalten soll.» Ebenfalls wird damit der Markt für Occasionsfahrzeuge gestärkt, weil sich der Wert der Batterien und damit des Fahrzeugs besser bestimmen lässt.
Seit einigen Monaten bildet ein stationärer Batteriespeicher im Swiss Bike Park Oberried einen bisher fehlenden Baustein auf dem Weg zu einer besseren Ökobilanz von E-Bike-Batterien: Der tagsüber von der Fotovoltaikanlage auf dem Velounterstand produzierte Strom wird für das nächtliche Aufladen der E-Bike-Testflotte einem Speicher zugeführt, welcher aus acht ausgedienten E-Bike-Batterien in einer Second-Life-Anwendung besteht. Im Kleinen demonstriert dieser für Einfamilienhäuser geeignete Prototyp, wie Batterien aus der Elektromobilität in die Stromversorgung integriert werden können und wie Speicherkapazität für elektrische Energie aus erneuerbaren Quellen bereitgestellt und die Nachhaltigkeit von Batterien verbessert werden kann. In solchen stationären Speichersystemen könnten ausgediente Fahrzeugbatterien in Zukunft noch viele Jahre weiterverwendet werden.
Die Forschung an der BFH ist auch Teil von CircuBAT, einem Schweizer Forschungsprojekt zur Verringerung des ökologischen Fussabdrucks von Lithium-Ionen-Batterien. Ziel von CircuBAT ist es, bis 2025 ein nachhaltiges, zirkuläres Geschäftsmodell für Lithium-Ionen-Batterien aus der Elektromobilität zu etablieren. Dazu gehört die Suche nach Lösungen für mehr Nachhaltigkeit in allen Abschnitten des Lebenszyklus. CircuBAT wird von Innosuisse und 24 Partnern finanziert. Neben der BFH, die auch die Gesamtprojektleitung innehat, sind sechs weitere Schweizer Forschungsinstitutionen an diesem multidisziplinären Projekt beteiligt.