Wasserstoff: Sicherheitsaspekte

Expert:innen: Wolfgang Kröger (ETH Zürich und SATW)

Grüner Wasserstoff kann einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und Dekarbonisierung der Schweizer Energieversorgung leisten. Während Chancen und Handlungsfelder zur Etablierung einer Wasserstoffversorgung der Schweiz breit diskutiert werden, besteht dringender Klärungsbedarf bei Fragen zur Sicherheit und zum Risikomanagement von Wasserstoff. Im vorliegenden Gastbeitrag legt Prof. Wolfgang Kröger dar, dass diese Fragen im Licht des Gesamtsystems beleuchtet werden müssen.

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Das Wichtigste in Kürze

Wasserstoff ist ein Gas, dessen Handhabung aufgrund seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften besonderer Vorsicht benötigt: Die geringe Molekülgrösse lässt ihn bereits bei kleinsten Lecks entweichen, zudem ist Wasserstoff sehr leicht entzündlich und hat einen breiten Explosionsbereich.

Als Teil der Energieversorgung der Zukunft wird die Wasserstoffnachfrage stark zunehmen. Die sichere Versorgung mit grünem Wasserstoff bedarf neuer Technologien und Prozesse. Dies führt möglicherweise zu einer starken Zunahme an Gefahren und Risiken im Umgang mit Wasserstoff.

Wasserstoffsysteme nach dem Trial-and-Error-Prinzip zu entwickeln, ist gefährlich. Neben den unmittelbaren Schäden von Unfällen, schmälern sie auch deren gesellschaftliche Akzeptanz.

Für die sichere Versorgung mit grünem Wasserstoff muss über die einzelnen Elemente hinausgehend eine Systemsicht entwickelt werden, die die gesamte Wandlungskette in den Blick nimmt und dabei Fragen zum Sicherheits- und Risikomanagement einschliesst.

Es braucht mehr wissenschaftliche und technologische Anstrengungen, die sich mit der Sicherheit solcher Systeme befassen und entsprechende methodische Ansätze entwickeln. Auch der Gesetzgeber und Regulierungsbehörden sind gefordert.

Aktuelle und zukünftige Nutzung

Heute wird Wasserstoff vor allem in der chemischen Industrie genutzt, etwa zur Entschwefelung von Kraftstoffen, zur Herstellung von Ammoniak und Methanol. Der Grossteil des heutigen Bedarfs in der Schweiz entfällt auf die Raffinerie Cressier. Zudem gibt es eine Flotte von rund 50 Lastwagen, die Wasserstoff in Brennstoffzellen als Treibstoff einsetzen.

Neuerdings wird Wasserstoff zur Gewinnung von Eisen aus Eisenerz genutzt. Dabei reagiert der Sauerstoff aus dem Eisenoxid mit dem Wasserstoff, mit Wasser als Nebenprodukt. Dies stellt eine umweltfreundlichere und energiesparende Alternative zum Brennen des Erzes in Hochöfen dar.

Es ist damit zu rechnen, dass Wasserstoff künftig in weiteren Bereichen eingesetzt und ein wesentliches Element von CO2-neutralen Energiesystemen wird: Mit elektrischer Energie – insbesondere Strom aus Solar-, Wind- und Wasserkraftanlagen, der nicht direkt genutzt wird – kann Wasserstoff erzeugt werden. Dafür wird Wasser mittels Elektrolyse in seine Bestandteile, in Sauer- und Wasserstoff, zerlegt.

Der Energieträger Wasserstoff kann gelagert und zu einem späteren Zeitpunkt verwendet oder weiterverarbeitet werden sowie in komplexere chemische Verbindungen, sogenannte Derivate, umgewandelt werden. Im Verkehrs- und Wärmesektor wird Wasserstoff heute meist in Brennstoffzellen verwendet, zukünftig auch vermehrt in modernen Verbrennungsmotoren oder Gasturbinen.

Zukünftiger Wasserstoffbedarf

Wasserstoff wird zukünftig eine wichtige, stabilisierende Rolle in defossilierten Energieversorgungssystemen spielen. Entsprechend stark wird der Bedarf in Zukunft zunehmen.

  Schweiz Weltweit
  Menge in Kt Energiegehalt in TWh Menge in Mt Energiegehalt in TWh
2021 13 0,4 94 3'100
2030 26–32,5 0,8–1,8 180 6'000
2050 117–325 3,6—10 530 17’700

Tabelle 1: Entwicklung des Wasserstoffbedarfs

Treiber des enormen Nachfragewachstums ist die Industrie. Wasserstoff wird dort als Rohstoff für weitere Chemikalien oder als Brennstoff für Prozesswärme bei Hochtemperaturanwendungen zum Einsatz kommen. Andererseits ist Wasserstoff eine Grundlage von synthetischen Treibstoffen, wie sie im Flugverkehr und in der Schifffahrt zum Einsatz kommen werden. Die starke Zunahme im Wasserstoffbedarf wird nicht nur dazu führen, dass punktuell Gefahren entstehen. Vielmehr ist zu befürchten, dass in der Sicherheitsproblematik eine neue Dimension im Zusammenhang mit Wasserstoff entsteht. Das hat einerseits mit der grossen Menge, andererseits mit neuen Erzeugungsformen und Anwendungen zu tun. Eine kritische Diskussion der Sicherheit muss deshalb das gesamte Wasserstoffversorgungssystem in den Blick nehmen.

Gefahren im Zusammenhang mit Wasserstoffsystemen

Die Gefahren im Umgang mit Wasserstoff sind Folge seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften. Wasserstoff ist ein farb- und geruchloses, ungiftiges Gas. Er ist 14-mal leichter als Luft und entsprechend flüchtig. Aufgrund dieser Eigenschaften – seiner geringen Molekülgrösse, seiner Flüchtigkeit und der geringen Aktivierungsenergie – verdient die Sicherheit von Wasserstoff ein besonderes Augenmerk.

Wasserstoff hat zwar eine hohe massebezogene, aber eine sehr geringe volumetrische Energiedichte (1/3000 von Benzin). Dementsprechend lässt er sich nur komprimiert (bei 35 bis 70 MPa) oder verflüssigt (abgekühlt auf -253 Grad Celsius) wirtschaftlich speichern und transportieren.

Mit zunehmenden Temperaturen nimmt die Reaktionsfreudigkeit von Wasserstoff zu: Er ist hochentzündlich bei geringen bis hohen Konzentrationen in Luft. Aufgrund der ausserordentlich geringen Aktivierungsenergie, die Wasserstoff zur Reaktion benötigt, und seines breiten Explosionsbereichs kann bereits ein kleines Leck zu einer Dampfwolkenexplosion mit katastrophalen Folgen führen.

Die verschiedenen Stufen des Wasserstoffsystems wie Erzeugung, Speicherung, Transport und Nutzung benötigen aus diesen Gründen jeweils eigene Sicherheitsvorkehrungen. Bei der Verwendung von Wasserstoff hängt das Gefahrenpotenzial davon ab, wo und wie dieser zum Einsatz kommt: ob als Energiequelle, etwa in Brennstoffzellen von Fahrzeugen oder für die Stromerzeugung, oder als Rohstoff in Industrieprozessen.

Wenn bei der Erzeugung von Wasserstoff mittels Elektrolyse die Membran zwischen Wasser- und Sauerstoffkammer durchlässig wird, entsteht hochexplosives Knallgas. Das ist eine Mischung aus Wasser- und Sauerstoff. Auch das Versagen von Hochspannungsgeräten in der Elektrolyse resultiert in Sicherheitsproblemen.

Bei längerer Einwirkung von Wasserstoff auf Metalle verspröden diese, was die Gefahr von Leckagen erhöht. Dadurch werden Hochdruckspeichertanks geschwächt und deren Sicherheit gefährdet.

Die physikalische Speicherung von verflüssigtem Wasserstoff erfordert Tanks und Komponenten, die auch bei Tiefsttemperaturen von -253 Grad Celsius beständig sind. Die schnelle Verdampfung von Wasserstoff, beispielsweise bei Versagen der Isolierung, führt ebenfalls zu Risiken in der Handhabung.

Neuer ist die Möglichkeit, Wasserstoff chemisch in Festkörpern zu speichern. Dabei wird er (meist) an Metalle gebunden. Dabei besteht die Gefahr, dass die entsprechenden Materialien chemisch wie physikalisch zu wenig stabil sind.

Eine fehlerhafte Betankung von Brennstoffzellenfahrzeugen gefährdet Fahrer:innen und Tankstelle. Undichte Hochdruckspeichertanks von Tankstellen, Brennstoffzellenstapel oder Speichertanks im Fahrzeuginneren können zu einer Freisetzung von Wasserstoff führen. Bei der Verwendung als Ausgangsmaterial für die Herstellung von Chemikalien besteht das Risiko, dass er nicht ordnungsgemäss gehandhabt wird.

Auch die heute dominierenden fossilen Brenn- und Treibstoffe sowie verschiedene Wasserstoff-Derivate weisen potenziell gefährliche Eigenschaften auf. Ammoniak und Methanol lassen sich zwar einfacher transportieren und speichern als Wasserstoff. Ihre leichte Entflammbarkeit und Toxizität erfordern aber hohe Vorsicht im Umgang mit diesen Stoffen. Auch fossile Energieträger sind nicht ungefährlich: Obwohl wesentlich weniger flüchtig, ist auch Benzin leicht entflammbar.

Analyse von Vorkommnissen

Das EC Joint Research Centre Petten führt zur Dokumentation von Unfällen in Zusammenhang mit Wasserstoff eine Datenbank mit Namen HIAD (Hydrogen Incidents and Accidents Database). Für den Zeitraum von 2014 bis 2023 zählt sie 755 Ereignisse. Meist sind diese glimpflich abgelaufen. Vereinzelt waren aber doch Todesopfer oder Verletzte zu beklagen.

Ausgewählte Vorkommnisse und Unfälle im Zusammenhang mit Wasserstoff

Im Jahr 2001 kam es in einer Wasserstoffproduktionsanlage (mit Elektrolyse) zu einer Primärexplosion in den Hochdruck-Wasserstoffzufuhrleitungen, die durch die spontane Entzündung eines explosiven Gemisches aus Wasserstoff und Sauerstoff verursacht wurde. Das anschliessende Versagen von Schweissnähten und Verbindungen an den Speicherbänken führte zu einer Freisetzung grosser Mengen Wasserstoffgas, was nach der Selbstentzündung zu einer Sekundärexplosion und einem Brand führte. 

  • Im Jahr 2004 trat beim Transport zu einer gewerblichen Anlage Wasserstoffgas aus dem Entladeventil eines Flüssigwasserstofflieferwagens aus und entzündete sich, was zu einem Blitzschlag und einer einem leichten Erbeben ähnlichen Erschütterung führte. 
  • Im Mai 2019 kam es in einer Pilotanlage für alkalische Wasserelektrolyse in Südkorea zu einer Wasserstofftankexplosion, bei der zwei Menschen ums Leben kamen und sechs verletzt wurden. Die Untersuchung ergab, dass der Wasserstoffabscheider aufgrund eines Sauerstoffüberlaufs bei geringer Belastung und menschlichem Versagen explodierte; die Entzündung wurde durch statische Elektrizität verursacht, da ordnungsgemässe Erdungsanschlüsse fehlten. 
  • Im Jahr 2019 ereignete sich ein Beispiel für eine Störung des elektrischen Systems an einer Wasserstofftankstelle in Südkorea. Eine Explosion wurde durch Lichtbogenfunken ausgelöst, die durch veraltetes Isoliermaterial und elektrische Fehler verursacht wurden und zu erheblichen Schäden an der Anlage und Verletzungen von Personen führten. 
  • Mitte 2019 wurde ein Brand an einer Tankstelle in der Nähe von Oslo durch ein Leck in den Hochdruckspeichertanks verursacht, als Folge eines Montagefehlers. Neben erheblichen Sachschäden wurden drei Personen verletzt. 
  • Im Jahr 2019 kam es in einer Wasserstoffproduktionsanlage in Südkorea aufgrund der Nichteinhaltung von Sicherheitsvorschriften zu einer Beschädigung der Anlagen und einem Brand, was zu einer Anhäufung von Sicherheitsrisiken führte. 
  • Im Jahr 2022 ereignete sich ein Vorfall in der Tiefgarage eines Spitals in Detroit, als der Wasserstofftank eines Pick-up-Trucks undicht wurde und eine Explosion mit enormer Wucht verursachte, die den Truck und andere Fahrzeuge stark beschädigte. Da zu diesem Zeitpunkt nur wenige Personen anwesend waren, gab es nur zwei Verletzte und keine Todesopfer. 

Die Vielzahl der Unfälle zeigt, dass die Ursachen von Vorkommnissen und Unfällen facettenreich und vielschichtig sind. Die häufigsten dokumentierten Ursachen sind: menschliche Fehler mit 25 Prozent, Managementfaktoren mit 23 Prozent sowie Material- und Fertigungsfehler mit 16 Prozent. Bei den restlichen Unfällen (36 Prozent) kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden, worin die Ursache liegt, oder sie lässt sich keiner Kategorie eindeutig zuordnen.

Solche Daten sind wichtig zur Verbesserung der Sicherheit, denn sie geben Aufschluss über den Hergang und allfällige Ursachen von Vorkommnissen und Unfällen. Sie ermöglichen, diese nach verschiedenen Dimensionen zu kategorisieren. Etwa entlang der Wandlungskette von der Produktion, Speicherung, Transport bis zur Nutzung. Alternativ können sie Typen zugeordnet werden: Gas- oder Flüssigkeitslecks, Geräteausfälle, veränderte Umgebungs- und Betriebsbedingungen usw.

Das dokumentierte Unfallgeschehen wird dominiert vom Einsatz und dem Nachfüllen komprimierten Wasserstoffs zum Antrieb von Brennstoffzellenfahrzeugen und als industriell eingesetztes Prozessgas. Meist sind Leckagen in Drucktanks beteiligt und Feuer oder gar Explosionen sind Folgen solcher Ereignisse.

Ereignisse, die den breiten Einsatz von elektrolytisch hergestelltem Wasserstoff in Energieversorgungssystemen betreffen, tauchen in den Unfallstatistiken nicht auf. Der Grund ist, dass solche Anwendungen erst in jüngerer Zeit Umsetzungsreife erlangt haben und dementsprechend selten sind.

Studien zur Beurteilung von Unfallrisiken

Das Unfallrisiko der Handhabung von Wasserstoff in industriellen Anwendungen und in Anlagen zur Energiebereitstellung wird meist entlang der verschiedenen Stufen ermittelt. Also separat für Produktion, Speicherung, Transport und für seine Nutzung. Solche Analysen zielen darauf ab, die Wahrscheinlichkeit von Störereignissen und deren Konsequenzen zu ermitteln.

Ein auch in anderen Bereichen übliches Vorgehen ist, aufgetretene Vorkommnisse, deren Ursachen, Abläufe und Folgen zu untersuchen und zu dokumentieren mit dem Ziel, die Wahrscheinlichkeit von Störereignissen zu ermitteln. Solche Untersuchungen ermöglichen wichtige Einsichten in die Abläufe und Folgen von entsprechenden Ereignissen.

Allerdings sind solchen empirischen Methoden zur Vorhersage von Unfallrisiken starre Grenzen gesetzt: Die Anzahl dokumentierter Unfälle mit Wasserstoff ist klein, und das Wissen über die einzelnen Unfälle ist mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Daraus folgt, dass die Analyse von tatsächlichen Vorkommnissen nicht alle möglichen Szenarien erfassen kann.

Deshalb sind umfassendere methodische Ansätze erforderlich wie etwa probabilistische Risikobewertungsmethoden in Kombination verschiedener Techniken, die allerdings im Wasserstoffbereich noch nicht verfügbar sind. Zur Berechnung von Unfallfolgen werden vereinfachte Modelle eingesetzt, deren Anwendbarkeit auf Wasserstoffsysteme in der Literatur jedoch infrage gestellt wird. Möglicherweise sind fortgeschrittenere, komplexere Modelle erforderlich, bis hin zum Einbeziehen des Verhaltens von Wasserstoffmolekülen.

Für die traditionellen Schritte der Wandlungskette gibt es Analysen und Methoden zur Risikobewertung. Es fehlt jedoch an spezifischen Analysen für grünen Wasserstoff, einschliesslich der Risiken durch Geräteausfälle oder durch Sauerstoffverunreinigungen von Wasserstoff.

Es fehlt auch ein konzeptioneller Rahmen zur Ermittlung der Risiken eines Gesamtsystems. Entsprechende Arbeiten sind zu initiieren und die Ergebnisse zur Steigerung der Sicherheit zu nutzen.

Sicherheitsvorschriften und -normen

Zur Gewährleistung ausreichender Sicherheit und deren Harmonisierung gibt es einen Satz an Vorschriften und Standards für die sichere Auslegung, Wartung und den Betrieb von Anlagen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dabei wird oft klar zwischen Empfehlungen, «sollte», und Anforderungen, «muss», unterschieden.

Empfehlungen leiten sich mehrheitlich aus Standards und Berichten der US-Feuerwehrbehörde, von Fachleuten und deren Erfahrungen ab. Dabei handelt es sich um allgemeine Anweisungen, die in erster Linie Kosten berücksichtigen und nicht so sehr auf die strenge Bewertung von Gefahren und Risiken zielen.

Anforderungen leiten sich dagegen aus nationalen und bundesstaatlichen Vorschriften ab. Auf Grundlage historischer Ereignisse und aktualisierter Risikoanalysen werden sie jeweils ergänzt.

Die heute geltenden Vorschriften sind für die heute verwendeten Mengen entwickelt worden, ob sie skalieren werden, ist unklar. Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, dass die Wissenschaft sich mit der Entwicklung neuer Vorgaben, Standards und Richtlinien beschäftigt.

Die gegenwärtigen Projekte, die sich mit der Sicherheit von Wasserstoff beschäftigen, haben einen Einzelaspekt des Gesamtsystems im Blick. Meist ist es die Tankstelle. Zuweilen sind es auch andere Aspekte, etwa die Sicherheit von Rohrleitungen mit niedrigem Druck.

Es gibt erst vereinzelte Analysen, die das gesamte System in den Blick nehmen. Solche Forschungsprojekte gibt es beispielsweise in Deutschland. Diese sind noch nicht abgeschlossen. Für die Schweiz fehlen solche Projekte gänzlich.

Die Schweizer Rohrleitungsverordnung (RLV) wurde im Juli 2025 aktualisiert und umfasst nun auch Wasserstoffleitungen. Wasserstoffspezifische Sicherheitsvorgaben macht die RLV jedoch keine. Eine Richtlinie zu Rohrleitungen für Wasserstoff des Fachverbands für Wasser, Gas und Wärme SVGW ist in Vernehmlassung.

Es ist entscheidend, dass Fachleute für Wasserstoffsicherheit Branchenvorschriften und -normen in Bezug auf Feuer, Flammen und Gassysteme auf die Anwendbarkeit in der Wasserstoffversorgung überprüfen. Auch das Schulen des Personals von Wasserstoffanlagen mit Blick auf Sicherheitsverfahren ist bedeutend.

Fazit und Empfehlungen

Schon heute wird Wasserstoff für industrielle und chemische Prozesse sowie als Brennstoff genutzt. Bei der Suche nach CO2-freien Energielösungen spielt Wasserstoff eine zentrale Rolle. Der Einsatz in zukünftigen Energieversorgungssystemen bedingt eine signifikante Hochskalierung der eingesetzten Mengen. Auch der Erzeugungsprozess muss umgestellt werden – von der heute dominierenden Dampfreformierung von Erdgas auf die Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Quellen.

Die Nutzung von Wasserstoff und seinen Derivaten als Speichermedium und Energiequelle bringt angesichts der inhärenten Stoffeigenschaften einzigartige Gefahren und erhebliche Unfallrisiken mit sich.

Der Sicherheit von wasserstoffbasierten Systemen sollte mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Involvierte Risiken, insbesondere im Bereich der Energieversorgung verdienen deutlich mehr Beachtung. Die sichere Handhabung und Lagerung erfordern spezielle Ausrüstung und Verfahren sowie angemessene Vorschriften und Normen.

Es fehlt an spezifischen Anforderungen für den Einsatz von grünem Wasserstoff, etwa für Elektrolyseure. Zudem braucht es ein Regulierungsrahmen und Standards für das Gesamtsystem. Vorschriften müssen entwickelt, bestehende verfeinert werden. Unzureichende Regulierung und fehlende Standards sind gemäss Auswertungen der HIAD-Datenbank eine der Hauptursachen von Störfällen.

Es braucht klare Sicherheitsanforderungen und Verantwortlichkeiten in jeder Phase der Wandlungskette für die beteiligten Unternehmen. Einheitliche Sicherheitsnormen sind erforderlich, die auf neue Elemente zugeschnitten sind und die gesamte Wertschöpfungskette des grünen Wasserstoffsystems abdecken.

Es braucht neue Methoden und Modelle zur Beurteilung von Gefahren und Risiken. Dazu gehört das systematische Erfassen und Auswerten von Vorkommnissen und Unfällen. Ziel ist es, mit diesen Daten Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren, die Zahl gravierender Vorkommnisse zu reduzieren und Risiken zu minimieren.

Unfall- und Risikoaspekte spielen bei Projekten mit grünem Wasserstoff meist, wenn überhaupt, eine untergeordnete Rolle. Zudem ist die Erforschung von Sicherheitsaspekten in aller Regel unter-finanziert. Es braucht diesbezüglich vermehrt wissenschaftliche Anstrengungen und entsprechendes Funding.

Die Sicherheit von Wasserstoff ist eine komplexe Herausforderung für viele Akteure. Damit die vielfältigen Probleme effizient angegangen werden, müssen die Zuständigkeiten der Regulierungsbehörden klar abgegrenzt und koordiniert werden.

Weiterführende Informationen

M Min, C Yoon, N Yoo, J Kim, Y Yoon, S Jung. (2025) Hydrogen risk assessment studies: a review toward environmental sustainability.  

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Leopoldina, Acatech, Union der Deutschen Akademien der Wissenschaft. (2024) Wasserstoff - Welche Bedeutung hat er im Energiesystem der Zukunft? 

SATW. (2024) Grüner Wasserstoff – ein Beitrag zur Versorgungssicherheit und Dekarbonisierung der Schweiz.  

Schweizerische Eidgenossenschaft. (2024) Wasserstoffstrategie für die Schweiz.  

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Physikalisch-Technische Bundesanstalt. (2023) The quality infrastructure system for green hydrogen.  

JX Wen, M Marono, P Moretti, EA Reinecke, P Sathiah, E Studer, E Vyazmina, D Melideo. (2022) Statistics, lessons learned and recommendations from analysis of HIAD 2.0 database.  

Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung. (2020) Kompetenzzentrum H2Safety@BAM für Wasserstoff.  

IEA. (2020). World Energy Outlook.  

Schweizerische Normen-Vereinigung. (2020) Die Wasserstoffmobilität nimmt Fahrt auf.